Leonardo Boff
Weltweit und auch in Brasilien ist ein Anstieg faschistischer Ideen oder autoritärer Haltungen zu beobachten, die alle Gesetze und Vereinbarungen brechen, wie dies deutlich in der Politik des US-Präsidenten Donald Trump mit seinem MAGA-Patriotismus (Make Amerika Great Again) zu sehen ist. Die Versprechen der großen modernen Narrative sind gescheitert. Sie haben zu einer enormen, mehr oder weniger allgemeinen Unzufriedenheit und Depression sowie zu Wellen der Wut und des Hasses geführt. Vor allem aufgrund der ökologischen Forderungen wächst die Überzeugung, dass die Welt so, wie sie ist, nicht weiterbestehen kann. Entweder wir ändern unseren Kurs oder wir steuern auf eine biblische Katastrophe zu. In diesem Zusammenhang sehe ich das unheimliche Phänomen des Faschismus und Autoritarismus, das sich in unserer Geschichte durchsetzt.
Das Wort Faschismus wurde erstmals 1915 von Benito Mussolini bei der Gründung der Gruppe „Fasci d’Azione Revolucionaria” verwendet. Faschismus leitet sich vom Bündel (fasci) fest zusammengebundener Stöcke mit einer daran befestigten Axt ab. Ein einzelner Stock kann zerbrochen werden, ein Bündel ist fast unmöglich zu zerbrechen. 1922/23 gründete er die Nationale Faschistische Partei, die bis zu ihrem Sturz 1945 Bestand hatte. In Deutschland etablierte sich der Faschismus ab 1933 mit Adolf Hitler, der nach seiner Ernennung zum Reichskanzler den Nationalsozialismus gründete, die Nazi-Partei, die dem Land strenge Disziplin, Überwachung und den Terror der SS auferlegte.
Überwachung, direkte Gewalt, Terror und die Auslöschung von Oppositionellen sind Merkmale des historischen Faschismus von Mussolini und Hitler und bei uns von Pinochet in Chile, Videla in Argentinien und in der Regierung von Figueiredo, Médici und tendenziell auch von Bolsonaro in Brasilien.
Der ursprüngliche Faschismus ist eine extreme Ausprägung des Fundamentalismus, der in fast allen Kulturen eine lange Tradition hat. S. Huntington prangert in seinem umstrittenen Werk „Kampf der Kulturen“ (1997) den Westen als einen der virulentesten Fundamentalisten an, der in den Kolonialkriegen deutliche Anzeichen von Faschismus gezeigt habe. Man stellt sich die beste aller Welten vor, zusammen mit den USA, was ihnen ihrer Meinung nach ihre Einzigartigkeit verleihen würde. Wenn Präsident Donald Trump „America first“ sagt, meint er „nur Amerika“, und der Rest der Welt kann sich selbst helfen.
Wir kennen den islamischen Fundamentalismus mit seinen zahllosen Anschlägen und Verbrechen, aber auch andere Gruppen innerhalb der modernen katholischen Kirche. Diese Gruppen glauben noch immer, die Kirche sei die einzige Kirche Christi, außerhalb derer es kein Heil gebe. Diese irrige und mittelalterliche Sichtweise, die im Jahr 2000 vom damaligen Kardinal Joseph Ratzinger, dem späteren Papst Benedikt XVI., in einem Dokument mit dem Titel „Dominus Jesus“ offiziell veröffentlicht wurde, erniedrigte alle Kirchen, indem sie ihnen den Titel einer Kirche absprach und sie lediglich als Gemeinschaften mit kirchlichen Elementen betrachtete. Gott sei Dank hat Papst Franziskus voller Vernunft und gesundem Menschenverstand solche Verzerrungen entkräftet und die gegenseitige Anerkennung der Kirchen befürwortet, die sich alle im Dienst der Menschheit und dem Schutz unseres ernsthaft bedrohten Planeten vereinen.
Wer behauptet, allein die Wahrheit zu kennen, ist dazu verdammt, ein Fundamentalist zu sein, mit faschistischer Mentalität und ohne Dialog mit anderen. Der Dalai Lama hat es treffend ausgedrückt: Bestehen Sie nicht auf einem Dialog mit einem Fundamentalisten. Haben Sie einfach Mitgefühl mit ihm.
Hier lohnt es sich, an die Worte des großen spanischen Dichters António Machado zu denken, der ein Opfer der Franco-Diktatur in Spanien war: „Nicht deine Wahrheit. Sondern die Wahrheit. Komm mit mir, um sie zu suchen. Behalte deine für dich.“ Wenn wir sie gemeinsam suchen, wird sie vollständiger sein.
Der Faschismus ist nie ganz verschwunden, denn es gibt immer wieder Gruppen, die, getrieben von einem fundamentalen Archetyp, der von der Gesamtheit abgelöst ist, mit allen Mitteln nach Ordnung streben. Dies ist der heutige Protofaschismus.
In Brasilien gab es eine eher komische als ideologische Figur, die den Faschismus propagierte und in dessen Namen Gewalt, die Verherrlichung von Folter und Folterern, Homophobie, Frauenfeindlichkeit und LGBTQ+-Personen rechtfertigte. Immer im Namen einer Ordnung, die gegen die vermeintliche Unordnung der Zeit geschmiedet werden sollte, und zwar mit symbolischer und realer Gewalt.
Unter dem verurteilten Jair Bolsonaro nahm der Faschismus eine mörderische und tragische Form an: Er lehnte den Covid-19-Impfstoff ab, ermutigte zu Versammlungen und verhöhnte das Tragen von Masken. Schlimmer noch: Er ließ mehr als 300.000 der 716.626 Opfer sterben, ohne jegliches Mitgefühl für ihre Familien und Angehörigen. Es war ein krimineller Ausdruck der Verachtung für das Leben seiner Landsleute. Er hinterließ ein finsteres Erbe.
Doch letztlich gründete der Anführer dieses primitiven Protofaschismus, Jair Messias Bolsonaro, eine kriminelle Organisation mit hochrangigen Militärs und anderen, die einen Staatsstreich mit der Ermordung höchster Autoritäten plante, um seine primitive Weltanschauung durchzusetzen. Doch sie wurden denunziert, vor Gericht gestellt und verurteilt, und so entgingen wir einer Zeit der Dunkelheit und abscheulicher Verbrechen.
Faschismus war schon immer ein Verbrechen, wie sich kürzlich im US-Bundesstaat Utah mit der Ermordung des Fundamentalisten Charlie Kirk zeigte – eines rassistischen, islamfeindlichen und homophoben Menschen, der fälschlicherweise zum Märtyrer erklärt wurde. Unter Hitler entstand die Schoah-Bewegung (die die Vernichtung von Millionen Juden und anderen Menschen zum Ziel hatte). Sie nutzte Gewalt als Mittel der Interaktion mit der Gesellschaft, weshalb sie sich nie dauerhaft etablieren kann und wird. Sie ist die größte Perversion der menschlichen Sozialfähigkeit.
Faschismus bekämpft man mit mehr Demokratie und Menschen auf der Straße. Man muss den Argumenten der Faschisten mit vernünftigen Argumenten und dem Mut begegnen, die Risiken, denen wir alle ausgesetzt sind, erneut zu betonen. Man muss hart gegen diejenigen vorgehen, die die Freiheit nutzen, um die Freiheit zu beseitigen. Wir müssen uns zusammenschließen, denn wir haben weder einen anderen Planeten noch eine andere Arche Noah.
Leonardo Boff Autor von: Fundamentalism, Terrorism and the Future of Humanity, SPCK Publishing 2006
Übersetzung von Bettina Gold-Hartnack